… angesichts des schwülen Wetters habe ich heute nur eine kürzere wenig attraktive ‘Experimentalwanderung’ unternommen, in der von meiner Seite noch kaum erforschten und sehr von Industrie- und Gewerbegebieten einerseits und unzugänglichen Havelwiesen andererseits geprägten Ecke zwischen Hennigsdorf/Velten und Borgsdorf. Im Prinzip war es erneut eine ‘Simulation’ der Etappe, die Manfred Reschke Ende der 1970er Jahre bei seinem Projekt ‘Auf Schusters Rappen rund um Berlin’ unter gänzlich anderen Bedingungen gewandert war.
Erstaunlicherweise begegneten mir auf der heutigen Strecke immer wieder die Markierungen des Wanderwegs Briese — Johannesstift (blauer Balken), der im Kartenmaterial nur bruchstückhaft existiert. Eventuell eine uralte Variante des E10 westlich der Havel? Zum Glück gibt es ja jemanden mit der ultimativen Expertise in der Region, den ich mal dazu fragen werde …
Gleich in Hennigsdorf erstaunte mich, wie abrupt der Havelauenpark in ein äußerst trostlos und verlassen wirkendes Industrie- und Gewerbeareal am Alten Walzwerk übergeht. Etwas weiter nördlich gibt es einen weiteren winzigen namenlosen Park, dann wird das Gelände des Elektrostahlwerks umrundet. Der angrenzende ‘Businesspark’ Velten wirkt deutlich edler, aber ebenso leblos und verwaist am Wochenende. Dass die beiden maroden und gesperrten Brücken über den Veltener Stichkanal für mich nicht nutzbar sein würden, um weiter nach Hohenschöpping zu kommen, war mir vorab klar. Ich hatte allerdings darauf spekuliert, die benachbarte Elektrostahl-Werksbahnbrücke begehen zu können, immerhin ließ mich komoot die Route in der Form planen. Vor Ort allerdings die ernüchternde Erkenntnis: auch wenn hier seit vielen Jahren kein Zug mehr gefahren ist, gibt es kein Durchkommen, der Zugang zur Brücke ist lückenlos verbarrikadiert und der Zutritt verboten.
So musste ich improvisieren: es ging auf dem Uferpfad (nur teilweise im Kartenmaterial) am Stichkanal entlang zur intakten Landstraßenbrücke, kurz der Straße folgend nach Osten, dann auf dem Waldweg und wieder auf einem Uferpfad (beide nicht im Kartenmaterial) auf die andere Seite der Bahnbrücke. Hier nutzte ich den (wahrscheinlich nicht erlaubten!) Weg neben den Gleisen im äußeren Werksgeländes zum Abzweig nach Hohenschöpping. Nun habe ich endlich auch mal das legendäre Gasthaus ‘Zum Weißen Schwan’ direkt an der Havel in eine Wanderung eingebunden!
Noch einmal musste ich danach dem Weg auf / neben den Gleisen zur Schlackedeponie wählen, der dort aber wieder erlaubt(?) ist. Der Rest bis zum Ziel war dann ‘business as usual’ und funktionierte problemlos …
Insgesamt eine irgendwie seltsame Tour, zumindest habe ich nun einen etwas besseren Gesamteindruck von der Gegend.
Nachwandern bitte nur so oder ähnlich, wenn etwa eine Einkehr im ‘Weißen Schwan’ unbedingt gewollt ist. Die Havelblicke bei der Strecke beschränken sich auf ein Minimum und im Vergleich dazu wird selbst der entsprechende Abschnitt des aktuellen E10 auf der anderen Havelseite zum Leckerbissen ;-)
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Infos und Tourbeschreibung:
Diese Tour beginnt am S‑Bahnhof in Hennigsdorf, zunächst geht es über die Ludwig-Lesser-Straße und die Hafenstraße sowie durch die kleine Parkanlage zum Hafen, dann auf dem Promenadenweg zur Ruppiner Straße und nach deren Überquerung in den Havelauenpark hinein. Hier wird der Havel ufernah gefolgt über knapp einen Kilometer, danach führt der Weg über die Conrad-Straße, die Küntscher-Straße, die Schumann-Straße und die Maurer-Straße durch das ausgedehnte Industrie- und Gewerbegebiet ‘Hennigsdorf Nord’ zur Veltener Straße und an dieser entlang durch den Wald zum bereits in Velten liegenden ‘Businesspark’.
Dieser wird auf der Parkallee durchquert bis zum Stichkanal, anschließend geht es auf dem Trampelpfad am Gewässer entlang zur Brücke der Hohenschöppinger Straße und der Kanal wird überquert. Nun wird ein kurzes Stück der Landstraße auf dem Radweg gefolgt, wobei anfangs noch der Parallelweg zu den Angelplätzen genutzt werden kann. An einer Schranke wird abgebogen in den Wald hinein und der Forstweg genutzt bis wieder fast zum Kanal, weiter geht es pfadartig und leicht zugewachsen bis zur Bahnbrücke der Werkseisenbahn. Hier führt der Weg als Trampelpfad hinauf zum Bahndamm und auf der erlaubten(?) Schotterpiste in der Nähe der Bahngleise zurück zur Hohenschöppinger Straße. (Anmerkung: wer sich den Bogen zurück zum Kanal in der ‘Grauzone’ ersparen will, kann natürlich auf dem Radweg bleiben.)
An der Abzweigung wird der alte Kopfsteinpflasterweg gewählt und das Gasthaus ‘Zum Weißen Schwan’ passiert, weiter führt der Weg pfadartig bis zur Autobahn und parallel zu ihr wieder zu den Bahngleisen, an denen entlang es zur Schlackedeponie geht. Dem Schotterweg, der später in einen sandigen Wiesenweg übergeht, wird gefolgt bis zur Unterführung des Berliner Autobahnrings an der Havel, es schließt sich ein kurzer Abschnitt am Auenrand entlang an nach Pinnow. Auf der Straßenbrücke wird die Mündung des Oranienburger Kanals in die Havel überquert und der Hauptstraße, dann der Lindenstraße gefolgt in Borgsdorf.
Es folgt ein letzter kurzer Naturabschnitt auf einem Pfad durch den Wald zur Berliner Chaussee, nach deren Überquerung geht es durch die Neubaugebiete auf der Rosenstraße und der Sperberstraße. Über die Berliner Straße wird abschließend das Ziel am S‑Bahnhof Borgsdorf erreicht.
Respekt und danke, lieber Frank, das ist eine ziemlich abgefahrene Tour, insbesondere für Dich als eingefleischten Grün-Freund — und wacker bis zum Ende durchgezogen. Beim Weißen Schwan waren wir auch noch nicht, obwohl es schon Empfehlungen von verschiedenen Seiten gab — jetzt trauen wir uns das vielleicht mal zu … und wünschen für Deine nächste Tour eine wohgefälligen und naturnahen Ausgleich!
Vielen Dank, Gregor! Manchmal muss auch so eine Tour sein, die mit ein wenig Abenteuerlust und ‘Mut zum Scheitern’ verbunden ist. Toll finde ich immer, wenn sich dadurch zumindest die ‘weißen Flecken’ und auch die vermeintlich uninteressanten Stellen auf der Karte mit Leben füllen.