Für diesen Monat habe ich mir zwei bereits fast schon antiquarische Wanderführer vorgenommen, die 1992 und 1999 von Autor Jörg Lüderitz verfasst wurden. In beiden Fällen wird dabei das Gebiet der Neumark behandelt, das ehemals zu Brandenburg gehörte und nach dem Zweiten Weltkrieg bekanntlich durch die Ziehung der Oder-Neiße-Grenze und die Westverschiebung Polens natürlich für sehr lange Zeit aus dem Fokus als deutsche Tourismusdestination verschwand.
Gleich nach der Wende und noch lange vor dem EU-Beitritt Polens schrieb Lüderitz, dessen eigene Wurzeln in der Neumark liegen, bereits sein Buch ‘Wanderungen östlich der Oder’ im Stapp Verlag. Die 26 Touren beziehen sich dabei alle auf Gebiete, die über die Grenzorte Frankfurt (Oder), Küstrin-Kietz und Schwedt erreichbar sind. Die Wanderempfehlungen und Stadtrundgänge sind kulturhistorisch sehr ausführlich beschrieben und machen Lust aufs Entdecken, leider bleiben die Streckenbeschreibungen aber sehr schemenhaft und vage, selbst mithilfe zeitgenössischer digitaler Karten bekam ich persönlich kaum prompte und eindeutige ‘Übersetzungen’ in einigermaßen verkehrsarme routingfähige Planungen hin.
Ein Highlight des Buches — wie im Übrigen auch bei den anderen Wanderführern des Stapp-Verlags aus jener Zeit — sind sicherlich die handskizzierten Karten, die aber aus damaliger wie aus heutiger Sicht wohl eher als ‘kreatives Gimmick’ denn als Navigationshilfe zu verstehen sind. Einzelne düster wirkende Schwarz-Weiß-Bilder ergänzen das Werk inhaltlich.
Ende der 1990er Jahre erschien das Buch ‘Wandern und Radfahren in der Neumark’ von Lüderitz danach im Trescher Verlag, es wirkt auch heute noch einigermaßen frisch und gut benutzbar. Hier gibt es deutlich mehr Abbildungen, die Karten sind sehr viel professioneller gestaltet und viele Infoboxen mit Zitaten, Verweisen und Detailinformationen wie bei Trescher üblich begleiten die eher kurzen Beschreibungstexte zu den 28 Tourenvorschlägen. Oft merkt man in diesem Buch den Streckenbeschreibungen allerdings den ‘Hybridcharakter’ des Rad- und Wanderführers an, der ja selten beide Zielgruppen gleichermaßen erfolgreich bedient.
Teilweise überschneiden sich beide Bücher inhaltlich, wobei das später erschienene Werk einen größeren Aktionsradius einbezieht. Tatsächlich sehe ich das Gesamtpaket aus beiden auch heute noch als gute Basis-Grundlage für eigene Tourenplanungen, da mir keine weiteren deutschsprachigen Wanderführer speziell für diese Region bekannt sind. Bezüglich der Erreichbarkeiten der Ausgangs- und Zielorte ist allerdings in der Planung zu bedenken, dass in den letzten Jahrzehnten im westlichen Polen genau wie in Nordostdeutschland viele Bahnstrecken stillgelegt wurden und die Gegebenheiten aus den Büchern konkret vorab überprüft werden sollten.
Für mich hat sich durch die Lektüre der Blick auf die ‘vergessene’ Neumark erheblich erweitert und es haben sich für mich beim Lesen sofort einige spannende Wanderideen ergeben, natürlich eher im gut per Bahn erreichbaren Grenzgebiet und dem direkten polnischen Hinterland.
Die beiden Bücher lassen sich in Antiquariaten vor Ort bzw. im Internet noch relativ leicht im Neuzustand zu fairen Preisen auftreiben.
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