In großer Vorfreude hatte ich mir dieses Buch letzte Woche direkt bei der BücherKammer in Herzberg bestellt und nach Erhalt sofort gelesen. Das vor fünf Jahren entstandene Werk, von dem ich vorher noch nie gehört hatte, beschäftigt sich mit der — wie Autorin Iris Berndt mehrfach schreibt — brandenburgischen ‘Terra Incognita’, dem im Süden gelegenen Landkreis Elbe-Elster.
Auch aus meiner eigenen Beobachtung und Erfahrung, nicht nur im Wanderkontext, wird diese Region im Raum Berlin kaum wahrgenommen und eher als reine ‘Transitpassage’ zwischen der Bundeshauptstadt und Dresden gesehen. Die Ignoranz liegt sicher in der wechselhaften Geschichte des 1993 synthetisch neu-entstandenen Landkreises begründet, der überhaupt erst durch den Wiener Kongress 1815 nach Sachsens Verlust der Schlachten an der Seite Napoleons als ’sächsisches Brandenburg’ Preußen zugeschlagen wurde.
Insofern beschäftigte sich auch Fontane überhaupt nicht auf seinen Wanderungen durch die seinerzeitige ‘Mark’ damit, historische Beschreibungen zu Kultur und Natur der Gegend um die Schwarze Elster entstammen oft den Aufsätzen der sächsischen Heimatforscher Otto Eduard Schmidt und Walter von Fritschen.
Außergewöhnlich ist für die Region sicherlich, dass in ihr der Beginn des Braunkohleabbaus in der Lausitz (zunächst noch unter Tage!) bereits Mitte des 19. Jahrhundert eingeläutet wurde und schon kurz nach der Wende Anfang der 1990er komplett eingestellt wurde. Neben schön gelegenen kleinen Städtchen wie Herzberg, Mühlberg und Bad Liebenwerda gibt es Besucherattraktionen wie das Kloster in Doberlug, die einzige(!) echte Felsformation Brandenburgs in Rothstein, den ‘liegenden Eiffelturm’ und einen ‘Kleinen Spreewald’, um nur einige von vielen zu nennen. Nicht zu vergessen das kleine Dorf Lugau mit seiner Dorfkneipe ‘Linde’ (heute: ‘Landei’) als eins der Zentren der DDR-Subkultur in den 1980er Jahren weitab der Kontrolle der staatlichen Aufsichtsorgane.
Erwartet hatte ich durch den Untertitel des Buches tatsächlich nachvollziehbare detaillierte Wanderwegbeschreibungen, merkte aber schnell, dass auf dieser Ebene eher stark abstrahiert wird und die ‘Wanderungen’ eher als Wege hin zu einer Geschichte oder als Verknüpfung von zeitlichen, kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Ebenen und Epochen zu verstehen sind. Aber das macht es nicht weniger spannend, sofern man sich bereits ein wenig mit den Umgebungen auseinandergesetzt hat, zumal die Erzählungen zu den insgesamt zehn beschriebenen ‘Touren’ sehr interessant und vielschichtig, wenn auch in einigen Fällen manchmal wirklich kleinteilig und akribisch detailversessen ausfallen.
Eingeleitet wird jedes Kapitel mit einer Aquarellzeichnung der durchstreiften Landschaft, erstellt von der Autorin selbst.
Erkenntnisse aus Zeitzeugengesprächen und allerlei wissenswerte Hintergrundinformationen klären auf, um die Historie, die aktuelle Situation und die Perspektiven der Region besser zu verstehen. Auch wenn ich bezüglich konkreter neuer Wanderempfehlungen bei diesem Buch kaum auf meine Kosten kam und die hervorgehobenen Sehenswürdigkeiten fast alle schon kannte, hat es mir viel Freude bereitet, mich mit dem Werk zu beschäftigen.
Aus touristischer Sicht und speziell aus der Wanderperspektive steckt ganz sicher noch viel Entdeckerpotential in ‘Brandenburgs schönem Süden’! Deshalb: Auf nach Elbe-Elster …
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