Den Namen Gregor Münch kennen sicherlich etliche Wanderinteressierte im erweiterten Berliner Umland, er betreibt seit vielen Jahren einen der etabliertesten Wanderblogs als ‘Wegesammler’ (blog.brandenburg-wegesammler.de) und hat dort zahlreiche mehr oder weniger bekannte Preziosen vorgestellt und in seiner unnachahmlichen Art beschrieben. Bereits 2019 war sein Werk ‘Unterwegs in Brandenburg — Einzigartige Wege zum Spazieren und Wandern’ (bebraverlag.de/verzeichnis/titel/unterwegs-in-brandenburg.html), in dem er die empfehlenswertesten Strecken seines Blogs präsentierte, im be.bra-Verlag erschienen.
Nun wird — um das zugrundeliegende Konzept bildlich aufzugreifen — der ‘Gürtel enger geschnallt’ um die Berliner Stadtgrenze und der Autor stellt im neuen Buch die von ihm erdachte ‘Berliner Gürtellinie’ als konkretisierte Wanderidee vor. In Analogie zu bereits bestehenden Projekten in anderen deutschen Großstädten steht im Fokus, die per ÖPNV-Infrastruktur gut erschlossene urbane Peripherie per pedes in neunzehn Etappen als Rundwanderung erlebbar zu machen.
Dabei geht es allerdings nicht um die pedantische Einhaltung der Stadtgrenze als gedachter ‘Führungslinie’, wie das etwa mit dem Mauerweg im Westteil der Stadt gegeben wäre, sondern es werden zugunsten der Attraktivität ebenfalls benachbarte brandenburgische Highlights in die Route integriert. So finden sich unter anderem das Kindelfließ, der Park Babelsberg, das Bäketal, die Teltower Buschwiesen, der Wernsdorfer See, der Kaniswall und der Brettersche Graben sowie das Erpetal als Teile der Gesamtstrecke wieder.
Die vorgesehenen Etappen sind im Bereich von etwa zehn bis zwanzig Kilometern lang und bestens mit regionalen öffentlichen Verkehrsmitteln an Start und Ziel erreichbar. Im Buch werden die Streckenkapitel jeweils mit einem repräsentativen, großformatigen Foto eingeleitet und es gibt einen kurzen Steckbrief mit den Angaben zum stichpunktartigen Streckenverlauf, der Gastronomie vor Ort und den Details zur Verkehrsanbindung. Außerdem werden Bademöglichkeiten an den Seen entlang der Strecke benannt und es finden sich nützliche Informationen zu öffentlichen Toiletten auf dem Weg und der ehrliche Anteil der Etappe mit Autolärm wird für den Genussaspekt nicht unterschlagen.
Was aber das vorliegende Buch in ganz besonderem Maße ausmacht ist die Art und Weise, wie Autor Gregor Münch in seiner typischen Art die umgebende Landschaft sehr poetisch, plastisch und humorvoll beschreibt. So macht bereits das Lesen großen Appetit auf die einzelnen ‘Etappen-Portionen’ und man möchte sofort loswandern, auch wenn man eventuell schon mit Teilen der Strecke vertraut ist, diese aber am Ende vielleicht in der Form als Teil eines großen Ganzen neu entdeckt und stärker zu würdigen weiß.
Hier zwei kleine Kostproben der pittoresken Umschreibungen:
‘Vorbei an tanzenden Birken und den struppigen Schilfgraswogen einer himmeloffenen Bucht gilt es bei den vielen Wurzeln nicht ins Stolpern zu kommen, denn der Blick schweift in steter Erkundung der Waldlandschaft umher.’
‘Unten fällt der Blick auf schilfumrandete Bruchwäldchen und einzelnstehende Baumschönheiten mit direktem Wasseranschluss, oben windet sich der schmale Weg zwischen den kräftigen Stämmen von Eichen, Linden und Ahornen hindurch und hält Oberkörper und Hüfte in steter Bewegung.’
Auch der launige, augenzwinkernde Humor des Autors kommt nicht zu kurz und trägt sehr zum kurzweiligen Schmökern der Schilderungen bei, etwa wie in diesen Beispielen:
‘Wer bei den vielen Pfaden, Gabelungen und Abzweigen nicht durcheinanderkommen möchte, hält sich im Zweifelsfall immer rechts. Sollten die Füße plötzlich nass sein, war es einmal zu weit rechts.’
‘Nach vornehmlich Laubbäumen folgt bald eine streusandtrockene Wegpassage, die bei zu viel oder zu wenig Feuchtigkeit die Schrittfrequenz nach unten korrigiert.’
Die Etappenbeschreibungen werden komplettiert durch kleine Kartenausschnitte, wobei natürlich ebenfalls wie heutzutage üblich die exakten GPX-Tracks zur digitalen Navigation per QR-Code aus dem Innenteil des Buches als Gesamtpaket abrufbar sind.
Wie ich finde ist ‘Wegesammler’ Gregor hier ein erstaunlich gutes Konzept gelungen, das er bestens ausgearbeitet und umgesetzt hat und nun sehr attraktiv und verführerisch in Buchform präsentiert. Ich würde mir in jedem Fall wünschen, dass die dokumentierte Route viel positive Resonanz im hiesigen Wanderumfeld erfährt und vielleicht sogar zum zukünftigen modernen Klassiker — oder sogar zum offiziell markierten Wanderweg — wird, der die bereits bestehenden ‘Grünen Hauptwege’ Berlins sinnvoll ergänzt.
Wer noch zögert, sollte sich gerne auch die umfangreiche begleitende Website zum Buch anschauen: berliner-gürtellinie.de
Hier die Buchseite beim be.bra-Verlag: bebraverlag.de/verzeichnis/titel/rund-um-berlin.html
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