… heute ergab sich für mich nur die Möglichkeit einer kurzen Tour, der Grunewald war bereits vorab ausgewählt. Ziemlich spontan entschied ich mich für eine interessante statt für eine schöne Wanderung und so ging es ausnahmsweise möglichst nahe an der Berliner Stadtautobahn A115, besser bekannt als ‘AVUS’, entlang.
Schon länger hatte ich vorgehabt, einmal entlang der kompletten, Anfang der 1940er Jahre geplanten Rennstrecke, die durch den Zweiten Weltkrieg nie fertiggestellt wurde, zu wandern. Die gemauerte Steilkurve am nördlichen Ende war so gefährlich im Versuchs‑, Trainings- und Rennbetrieb, dass sie bereits Ende der 1960er Jahre abgerissen wurde. Die danach bis zur Schließung der Rennstrecke vor etwa 25 Jahren genutzte flache Kurve gleich neben dem berühmten Motel-Turm existiert immer noch und ist begehbar.
Die Südsteilkurve dagegen wurde zwar als Wall mitten im Grunewald aufgeschüttet, aber nie vollendet. Die US-Streitkräfte in West-Berlin nutzten stattdessen nach 1945 das Areal mit dem Wall, der oben auf einem schmalen Pfad begehbar ist, als Schießplatz. Nicht weit davon im Wald befindet sich etwas versteckt das maßstabsgetreue Miniaturmodell der Südsteilkurve aus Betonplatten, leider verwittert es von Jahr zu Jahr mehr.
Die Strecke würde ich für Genusswanderer in der Form natürlich niemals empfehlen, unter dem Aspekt des Erlebens der historischen Rennstrecke finde ich sie aber zumindest sehr interessant. Das Brandungsrauschen der nie endenden Fahrzeugwellen ist bei dieser Tour omnipräsent, alle paar Minuten kommt noch die Geräuschkulisse der vorbeifahrenden S‑Bahn- und Regionalexpresszüge dazu. Sollte man aushalten können, um den Spaß dabei nicht zu verlieren …
Nach der Tour musste ich gleich danach zu Hause die AVUS noch einmal im Simulator Assetto Corsa am PC mit den zeitgenössischen Fahrzeugen der späten 1930er Jahre ausprobieren. Schon verrückt, wie man solch eine Strecke mit weit über 300km/h in den ‘Wunder-Seifenkisten’ gefahren ist, wenn jedes nicht perfekt dosierte Lenk- oder Bremsmanöver das Ende bedeuten konnte.
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Infos und Tourbeschreibung:
Diese Tour startet am S‑Bahnhof Westkreuz, der über den Ausgang zum ICC / zur Messe verlassen wird. Durch die Unterführung wird das AVUS-Motorrad-Steilkurvendenkmal erreicht, entlang der Halenseestraße geht es zum Parkplatz mit der noch intakten AVUS Nordkurve und dem Motelturm daneben. Nach Unterquerung der Autobahn wird die ehemalige Haupttribüne passiert und dem Messedamm, dann der Eichkampstraße gefolgt am S‑Bahnhof Grunewald vorbei bis zur Unterführung am Steffi-Graf-Tennisstadion.
Nun führt der Weg auf östlicher Seite der Bahngleise weiter, auf einer Schotterpiste an den langgestreckten, schmalen Kleingartenarealen vorbei bis zum Hüttenweg. Es schließt sich ein einsamer Waldweg parallel zur Bahntrasse an bis hin zum Fischerhüttenweg, an dem abermals die Bahngleise und die Autobahn daneben unterquert werden. Nach einem kurzen Abschnitt auf dem asphaltierten Kronprinzessinenweg wird zum ehemaligen, heideartigen Schießplatz im Wald abgezweigt und der Wall der unvollendeten Südsteilkurve erklommen.
Auf dem schmalen Pfad wird die Kurve etwa zur Hälfte oben auf dem Grat begangen, danach geht es hinab zum Betonplattenmodell, das sehr versteckt liegt und über einen halbwegs erkennbaren Pfad aufgefunden werden kann. Zurück auf dem Kronprinzessinenweg wird dieser noch einmal kurz genutzt, bevor letztmalig die Kombination aus Autobahn und Bahntrassen unterquert wird. Hier führt der Weg hinab zum Schlachtensee und auf dem Promenadenweg bis zum südlichen Ende des Sees. Über die Spanische Allee und die Borussenstraße wird das Ziel am S‑Bahnhof Nikolassee erreicht.
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