Wohl kaum eine Per­son aus Deutsch­land hat sich wie Chris­tine Thür­mer in den letz­ten Jah­ren so sehr und so aus­dau­ernd dem welt­wei­ten Lang­stre­cken­wan­dern gewid­met. Ihre Geschichte dürfte bekannt sein: mit Mitte 30 hatte sie ihren Job ver­lo­ren und ist dann rela­tiv schnell den Paci­fic Crest Trail von Mexiko nach Kanada (gut 4000 Kilo­me­ter) ange­gan­gen. Es folg­ten bald dar­auf die ande­ren bei­den gro­ßen US-Trails und seit 15 Jah­ren zahl­lose wei­tere Lang­stre­cken­wan­der­wege, ebenso aus­gie­bige Tou­ren mit dem Fahr­rad und dem Kajak. Sie sagt: ‘… ich selbst fange unter 1000 Kilo­me­tern gar nicht erst an.’

Ganz neben­bei hat sie es dabei geschafft, durch die anschlie­ßende Doku­men­ta­tion ihrer Pro­jekte in den bei­den bis­he­ri­gen Büchern die Sehn­sucht bei den vie­len Lesern zu wecken, ihr wenigs­tens ein biß­chen nach­zu­ei­fern, aus den unter­schied­lichs­ten Moti­va­tio­nen. Viele Indi­vi­dual- und auch Nach­ah­mer­pro­jekte sind sicher­lich nach der Lek­türe ihrer Bücher entstanden.

Ich selbst bin mit mei­nen gut 150 regio­na­len und über­re­gio­na­len Tages­tou­ren im Jahr eher ein ande­rer Wan­der­typ, aber auch ich habe Chris­tine Thür­mers Bücher sehr inter­es­siert und gerne gele­sen und sie haben einer­seits mein Fern­weh und meine Lust auf diese Pro­jekte geschürt aber mir auch ande­rer­seits dabei gehol­fen, mich selbst als ‘Wan­der­ver­rück­ter’ anders ein­zu­ord­nen und eine andere, ent­spann­tere Art von Posi­tio­nie­rung zu fin­den, was die gesell­schaft­li­che Wahr­neh­mung sol­cher Extreme betrifft.

Foto: © Peter von Fel­bert / Piper Verlag

Soeben ist nun das dritte Buch ‘Weite Wege Wan­dern’ erschie­nen, das sich im Gegen­satz zu den bei­den Vor­gän­gern ganz kon­kret um die reich­hal­ti­gen Infor­ma­tio­nen zu Pla­nung, Navi­ga­tion, Durch­füh­rung sowie den wei­te­ren Rah­men­be­din­gun­gen einer Lang­stre­cken­wan­de­rung dreht. Man merkt als Leser sofort, wel­che geballte Erfah­rung hin­ter den Emp­feh­lun­gen steckt, hier ist alles in der Pra­xis tau­send­fach erprobt und mehr Authen­ti­zi­tät ist kaum mög­lich. Dabei geht es um alle Berei­che, die man sich nur vor­stel­len kann und die man ganz bestimmt selbst oft gar nicht ‘auf dem Schirm’ hat.

Das Spek­trum reicht von eher ‘wei­chen’ sozia­len und psy­cho­lo­gi­schen Fak­to­ren über die sehr prag­ma­ti­sche Wahl der geeig­nets­ten Aus­rüs­tung bis hin zu detail­lier­ten Tipps zu den Mög­lich­kei­ten und zur not­wen­di­gen Red­un­danz der Navi­ga­ti­ons­ar­ten. Ange­rei­chert hat Chris­tine Thür­mer viele Emp­feh­lun­gen mit per­sön­li­chen Anek­do­ten aus ihrem Wan­der­all­tag, die einer­seits deren Aus­sa­gen unter­strei­chen und ande­rer­seits zur Auf­lo­cke­rung bei­tra­gen. Abge­run­det wird das Buch mit einem Kapi­tel zu Pro­blem­lö­sun­gen aller Art und am Ende gibt es eine Liste mit den Kurz­vor­stel­lun­gen der Trails, die ihr welt­weit bis­her am bes­ten gefal­len haben.

Ein Rat­ge­ber im Bereich des Weit­wan­derns kann wohl kaum pra­xis­be­zo­ge­ner aus­fal­len und wird sicher­lich kon­kret vie­len Inter­es­sen­ten hel­fen, die ähn­li­che Tou­ren pla­nen. Abge­se­hen davon ist es auch ein Buch, das sich für ‘ambi­tio­nierte Spa­zier­gän­ger’ wie mich gut liest, da sich eben­falls viele Aspekte und Erfah­run­gen des exten­si­ven Lang­stre­cken­wan­derns auf die Kurz­di­stan­zen über­tra­gen las­sen. Und natür­lich bleibt da immer noch der lange gehegte Gedanke, selbst ein­mal eine echte Lang­stre­cken­wan­de­rung anzugehen …

Auf­grund der aktu­el­len Lage ist das Buch zunächst nur als E‑Book erhält­lich (https://www.piper.de/buecher/weite-wege-wandern-isbn-978–3‑89029–525‑1), ab 02.06.2020 dann auch als Paperback.